Das Glatte im Rauhen, Heinz Thielen in der Galerie E. und W. Zimmer, von Yvonne Friedrichs, in: Rheinische Post, Nr. 223

von Yvonne Friedrichs, in: Rheinische Post, Nr. 223, 25. September 1991

Heinz Thielen ist neu in der Düsseldorfer Ausstellungsszene, obwohl er 1956 in die­ser Stadt gebo­ren wur­de, jetzt auch wie­der hier lebt und arbei­tet. Die Galerie Elke und Werner Zimmer stellt unter dem Titel »Farbmaßnahmen« sei­ne Bilder in einer ers­ten Einzelschau vor. Thielen hat Malerei an der Gesamthochschule Duisburg bei Martin Goppelsröder stu­diert und war anschlie­ßend Schüler von K. R. H. Sonderborg an der Stuttgarter Akademie. 1987 war er Stipendiat der Kunststiftunf Baden-Württemberg, bekam 1988/89 die Graduiertenförderung des Landes Baden-Württemberg und 1991 ein Arbeitsstipendium des Kunstfonds Bonn.

 

Thielens oft groß­for­ma­ti­ge, abs­trak­te Bilder in öli­ger Eitemperafarbe auf Leinwand oder Köper bewir­ken Irritation, und man ist auf den ers­ten Blick ver­sucht, sie als küh­les Kalkül auf­zu­fas­sen. Wird hier doch fast pene­trant mit dem Kontrast geo­me­tri­scher Farbfelder und expres­si­ver, infor­mel­ler Gestik gear­bei­tet. Aber die Energie und Disziplin, eine eigen­ar­ti­ge sub­jek­ti­ve Logik zer­streu­en bald sol­che Zweifel.

 

Die Bilder Thielens sind, trotz der augen­fäl­li­gen Brüche, die sie demons­trie­ren, span­nungs­vol­le Bildorganismen; sie sagen viel über mensch­li­che Befindlichkeiten in unse­ren Tagen aus. In radi­ka­len Kontrasten arti­ku­lie­ren sich hier Reflektionen auf die all­täg­li­che Umwelt; Erfahrungen, wie sie jeder macht.

 

Emotionales, was da in brei­ten, expres­si­ven Farbbahnen hori­zon­tal oder dia­go­nal durch die »Strahlenfelder«- Bilder strömt, wird abrupt gestoppt, über­deckt durch glat­te, von kei­ner Bewegung durch­puls­te, ste­ri­le, auch in der Farbe völ­lig kon­tro­ver­se geo­me­tri­sche Flächen. Diese Schnitte wer­den fast kör­per­lich als sol­che emp­fun­den, stel­len sie doch auch die Bildräumlichkeit in Frage, wie sie sich im Fluß der Farben in die Tiefe und Weite selbst über den Bildraum aus­deh­nen möchte.

 

Die pul­sie­ren­de Bewegung der mit brei­ten Bürsten gemal­ten Farbbahnen erreicht der Künstler durch Vermischung von bis zu vier naß auf­ge­tra­gen­der, geschmei­di­ger Eitempera-Farben. In den »Strahlenfelder« sind es leuch­tend gel­be über dunk­len grau­um­bra oder roten Tönen. So ent­steht Farbtiefe durch eine Mischung aus Farbschichtungen im Gegensatz zu der fla­chen Monochromie der geo­me­tri­schen Felder, etwa in Grasgrün, Violett, Hell- oder Mittelblau. Trotz der ein­schnei­den­den Kontraste sind aber die immer eigen­ar­tig extre­men, dis­so­nan­ten Farbakkorde wich­tig, die jene in der Schwebe gehal­te­ne Spannungsirritation her­vor­ru­fen. Natürlich auch die Größe, Form und Konstellation der mono­chro­men Flächen. Die Entstehung der Bilder ist bei Thielen auch ein stän­di­ger Prozeß des Korrigierens.

 

»Für mich sind Schnitte, Brüche wich­tig – Bedrohungen, Eingriffe, kei­ne glat­te Geschichte. Es ist etwas sehr Persönliches, aber zurück­ge­nom­men auf pure Malerei«, so Thielen.

 

Anders als in den »Strahlendfeldern« in denen die dyna­mi­sie­ren­de Bewegung nach außen dringt, geht sie in der Reihe »Flecken und Löcher« zur Mitte hin wie auch die Einschnitte , die hier kei­ne tren­nen­de Funktion haben. Monochrome Streifen am Rand kon­tras­tie­ren zu Fleckigem, Unruhigem, Mehrfarbigem. Es gibt da sehr unter­schied­li­che Stimmungswerte, Stimmungsfelder vol­ler Spannungen, Reibungen und Auflösungen.