Im Bann der Kacheln: Heinz Thielen im OP – Nord
von Georg Leisten, in: Stuttgarter Zeitung, Nr 135, 15. Juni 2005
Das nennt man wohl Kunst am Altbau. Unter dem Titel »Tafelbilder für Küche uns Bad« installiert der Maler Heinz Thielen zwei kolossale Ei-Öl-Temperagemälde im Nord-OP. Breit wie die Wand und passend zu der Farbe der Fliesen hängt ein fahlblauer Malgrund in der ehemaligen Küche der jetzigen Künstlergalerie. Nebenan im Bad verstärkt ein gelbgrünes Monochrombild, dessen Kolorit ebenso wie das der dortigen Kacheln ziemlich ausgespuckt wirkt, den anarchischen Schmuddelcharme der Räume.
Als Sohn eines Fliesenlegers erkundet der gebürtige Düsseldorfer seine persönliche Vergangenheit ebenso wie die Geschichte des Ausstellungsortes. Die cremig angehauchte Farbe der Kacheln nämlich ist tief in den fünfziger Jahren verwurzelt, als der Lagerraum des Industriegebäudes zur Hausmeisterwohnung umgestaltet wurde. Was den Künstler nach eigenen Angaben hierbei interessiert hat, waren jene undefinierbaren Töne, die den Nachkriegsgeschmack bestimmten. Ist es grau oder schon blau, safrangelb oder braun? Die Entscheidung trifft das Raumlicht.
Zugleich vertraut Thielens Arbeitsweise auf die kraftvolle Technik in der Tradition der Informellen. Der pastose Farbauftrag und viel grobkörniges Pigment wachsen auf den Tableaus zu einer geradezu plastisch-reliefartigen Oberfläche zusammen. Auch die drei anderen Arbeiten, mit denen der Schüler von K. R. H. Sonderborg seine architekturbezogen konzipierte Ausstellung sparsam bestückt hat, geben sich betont unpoppig. Nur einmal leuchtet aus dem matten, getrockneten Schmand eine ockergoldene Intarsienzone heraus.