»Sieben Maler – Sieben Räume« von Clemens Ottnad, Text aus dem Katalog zur Ausstellung, Kunstverein Ellwangen, 2011

Sieben Maler – Sieben Räume

von Clemens Ottnad, Textauszug aus dem Katalog Sieben Räume, Sieben Maler, Kunstverein Ellwangen, 2011

 

»Ich will mich ja gar nicht beru­hi­gen! Tag für Tag tref­fen per Post schon aus­rei­chend Einladungskarten zu Ausstellungen aktu­el­ler Malerei ein, die wie Augenvalium für gestress­te Zeitgenossen wir­ken muss: auf harm­los har­mo­ni­sches Gelingen abge­zir­kel­te Kompositionen, gänz­lich beru­hig­te Farbfeldoberflächen (mit­hin medi­ta­tiv bis zum Gähnen), feinsinnig-prezios lasie­rend viel­leicht noch, inhaltlich-thematisch die Leinwände wenigs­tens intel­lek­tu­ell kön­ne­risch verschni-schna-schnörkelt. Wo aber, bit­te, sind die Malschweine?, und die­je­ni­gen, die nicht soviel reden, son­dern ein­fach malen? die ganz in Landschaft ein­tau­chen, sich in Figurenzu ver­sen­ken ver­mö­gen, die Bilderareale über­flie­ßen machen? Und wenn schon all­fäl­li­ge Tagwähne und Nachtmahre, dann mit muti­gen Konterfeien, die simul­ta­nen Wirklichkeiten über­lis­ten, die nach­hal­tig in den Hirnen krat­zen, Schleifspuren im Denken hin­ter­las­sen, den Bilderdurst stil­len und doch gleich­zei­tig neue Gier, Sehgier(de) erzeu­gen: um mehr, mehr, mehr von die­sem Malrausch zu bekom­men! Die Seh(n)sucht erwacht da nach Unmittelbarkeiten, Leidenschaft, Material, Experiment und ande­ren Wagnissen! Und gera­de heu­te steht mir der Sinn nicht nach mono­chro­men – klein­ge­blü­mel­ten oder gar klein­ka­rier­ten – Friede-Freude-Eierkuchen-Kontemplationen, die design­kom­pa­ti­bel noch jede Crossover-Couch-Kombination mit belie­big zart pas­tel­le­nen Sofakissen leicht­hän­dig ein­kni­ckend zu bemeis­ter­stü­cken weiss; nein!, heu­te darf es (ruhig) ein biss­chen mehr sein! Und genau das tut es alle­mal in den sie­ben Räumen des Ellwanger Schlosses, mit sie­ben Malern, deren Arbeit wir vor Ort exem­pla­risch aus­schnitt­haft mit der zu eröff­nen­den Ausstellung vor­fin­den, in einem eigen­sin­ni­gen wie eigen­sinn­li­chen Malereiparcours.

 

Dabei sind die unter­schied­li­chen hier ver­tre­te­nen Positionen in ihrer je indi­vi­du­el­len Aneignung von Wirklichkeit, mensch­li­cher Existenz, Natur, Landschaft, Orten, Gegenständen, Themen, und Genren in einem höchst span­nungs­rei­chen Rhythmus der Raumfolge präsentiert:

 

Als ob sich das Jahrhunderte alte Rocaillen-Schmuckwerk der Stuckdecken des Schlosses ver­selb­stän­digt hät­te, krei­seln unver­se­hens rie­sen­haft porö­se Pinselbahnen in Zuckerbäcker-Barock-50er-Jahre-Kacheln-Fliesen-Farbigkeit über die Leinwände, als gäl­te es, das Ornament – in einer gleich­sam raum­be­zo­ge­nen Reaktion auf das Vorgefundene – aus sei­ner bloß die­nen­den Funktion endlich-endlich erlö­sen zu wol­len, das schein­bar Nebensächliche (des sinn­frei orna­men­ten Eingeschneckes) qua­si in sei­nem Innersten zu por­trai­tie­ren. (Heinz Thielen)«